Historik

Die Freiwillige Feuerwehr Frankfurt am Main - Höchst in der Geschichte

Warum kam es eigentlich zu Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland?

In jüngster Zeit finden sich verstärkt Mitglieder von Freiwilligen - und auch von Berufsfeuerwehren, die sich mit der Geschichte ihrer Feuerwehr befassen. Ganz oben steht fast immer die Frage nach der Altersbestimmung. Auch die FF Höchst stand vor dieser Frage. In der Regel liegen sichere Erkenntnisse für Gründungen nach 1850 vor. Hier lässt sich das Alter der Wehr durch gründliche Aufarbeitung der historischen Hinweise meist recht genau bestimmen. Es finden sich aber häufig frühere Dokumente, die leicht dazu verführen, vielleicht doch zum Kreis der frühen deutschen Feuerwehren zu gehören. "Feuerwehr" ist ein Begriff, den wir, nach heutiger Erkenntnis, erstmals 1847 in Karlsruhe angewendet finden. Wenn also manche Wehren der Meinung sind, vor mehr als 150 oder gar 160Jahren gegründet worden zu sein, dann ist es durchaus möglich, dass es bei ihnen ein organisiertes Feuerlöschwesen gab. Dieses muss jedoch dann als genossenschaftliches Löschwesen verstanden werden: Es war eine den Bürger verpflichtende Organisationsform, die eben nicht dem Prinzip der Freiwilligkeit entsprach. Vorsicht also gegenüber dem Anspruch, Mitglied in einer Freiwilligen Feuerwehr zu sein, die wesentlich älter als 150 Jahre ist!

Nun ist 1847 durchaus kein festes Datum für die Freiwilligkeit: Diese gab es schon zuvor. Das Demokratische in der Organisationsstruktur des Vereins setzte nicht abrupt ein, sondern war fließend. Die Löscheinheiten vor 1847 nannten sich also nicht "Feuerwehr" - es gab den Begriff ja noch nicht - sondern etwa Feuer-Rettungsgesellschaft, Bürgerwehr, Steiger- oder Retterabteilung (-kompanie) innerhalb eines Turnvereines, Brandpiquet, Löschverein, Feuercorps oder, dem Einfluss aus Frankreich folgend, Pompiers-Corps oder Sapeur-Pompiers.

Das Gedankengut zur Freiwilligkeit entstand im Grunde aus den Ideen des Vormärz 1848. Insbesondere die absolutistische Regierungsform, wobei der Staat grundsätzlich von der Unselbständigkeit des Einzelindividuums ausging und deshalb vormundschaftliches Handeln des Staates herrschte, beunruhigte die Bürgerschaft. Nicht unwesentlich wurde das neue Denken bei den Bürgern durch die Französische Revolution beeinflusst. Die damaligen Brandschutztheoretiker forderten öffentlich die Einrichtung ständiger, bezahlter "Löschcorps" (Berufsfeuerwehren) für die größeren Städte und für die kleineren Gemeinden die Ablösung der bisherigen Feuerlöschmannschaften durch freiwillige Löschvereine. Diese sollten aus jungen Bürgern der Kommune bestehen und ihre Tätigkeit eigenverantwortlich ausüben. Es war also das Verlangen nach bürgerlicher Selbstverwaltung, was in jener Zeit auch für alle anderen Bereiche des Zusammenlebens galt. Auch Carl Metz, auf dessen Besuch hin in Höchst am Main die Freiwillige Feuerwehr Höchst gegründet wurde, unterstützte öffentlich diese Forderungen

"...die Nächstenliebe und der feste Wille, im Falle der Not helfen zu wollen, müssen lebendig sein. Keine Obrigkeit kann hierzu zwingen; es müssen sich freiwillig Vereine bilden, die aus tatkräftigen Männern bestehen, denen das Wohl ihrer Nebenmenschen so sehr am Herzen liegt, als das eigene."

Sicherlich begünstigten die großen spektakulären Brände jener Zeit (Wiener Ringtheater, Karlsruher Hoftheater mit 70 Toten, Stadtbrand in Hamburg und andere, etwa der Stadtbrand Höchst von 1778) und auch der Wandel der gewerblichen Produktionsweisen die demokratischen Forderungen. Die Idee der ehrenamtlichen Übernahme eigentlich staatlicher Aufgaben verbreitete sich recht rasch über das damalige Deutschland. Mit der neuen Organisationsform konnten jetzt auch die Vorgesetzten gewählt werden: Trotzdem wurde von den Mitgliedern der Feuerwehr militärischer Gehorsam auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens gefordert. Das war (und ist) nicht immer einfach: Schon Conrad Dietrich Magirus erkannte im 19. Jahrhundert, "dass die Männer ja im täglichen Leben gleichberechtigt und keiner gewöhnt sei, dem anderen zu befehlen oder zu gehorchen." Noch heute kann das Verhältnis Vorgesetzter-/Untergebener zu Problemen führen, dann nämlich, wenn ein frei gewählter Stadtbrandinspektor in einer nicht kreisfreien Stadt zugleich Mitarbeiter der dortigen Freiwilligen Feuerwehr ist. Deren Chef ist hauptamtlicher Leiter der dortigen Feuerwehr und Vorgesetzter im täglichen Dienstbetrieb, sein Untergebener kann aber im Einsatzfall plötzlich zu seinem Vorgesetzten werden. Sie glauben, das gäbe es nicht? In einer hessischen Stadt war das der Fall.

Die weniger mit der Feuerwehr vertrauten Leser könnten geneigt sein, das Jahr 1852 als den Anfang des Höchster Löschwesens anzusehen. Dem ist nicht so. Selbstredend gab es immer Feuerlöschkräfte, bereits im alten Rom. Das aber soll hier nicht erörtert werden. Vielmehr geht es um die Frage, wie lange es bereits in Höchst am Main Feuerlöscheinrichtungen oder Löscheinheiten gegeben hat. Den ersten Hinweis erhalten wir für das Jahr 1539: Der Aufbewahrungsort für Löschgeräte wird erwähnt. Das Antoniterkloster in Höchst hatte bereits 1566 eine eigene Löschtruppe, worüber es gar zu einem Streit mit der Stadt kam. Die Antoniter lehnten es plötzlich ab, "wie bereits früher bei ausbrechendem Feuer (bis zu zwei Meilen im Umkreis) einen sogen. Feuerwagen mit Leitern, Feuerhaken und andere Notdurft aufzuladen und zu stellen."

1586 wird die Wed, ein uralter Brandweiher, vergrößert und 1748 wird die erste Feuerspritze beschafft. Man kann also mit großer Sicherheit sagen, dass es ein Löschwesen in Höchst seit annähernd 500 Jahren gibt. Es war jedoch keine Feuerwehr im heutigen Sinn! Das Antoniterkloster hatte eine außergewöhnlich große Bedeutung für das alte Höchst. Im Jahr 1441 übernahm das Mutterhaus der Antoniter, es befand sich in Roßdorf, heute Stadtteil von Bruchköbel, das Albanskloster in Höchst (seit 1090).Die Antoniter errichteten zahlreiche Neubauten und erhielten Steuer- und Zollfreiheit. Bald wurde Höchst zum Mutterhaus. Die Hauptaufgabe war die Krankenpflege, der Pfarrdienst und der Schulunterricht. Das Antoniterkloster in Höchst hatte die erste öffentliche Schule im heutigen Frankfurt. 1802 wurde der Orden aufgrund des Reichsdeputations-Hauptausschusses aufgelöst. Dass der Schulunterricht religiös geprägt war, versteht sich von selbst.

Die Höchster Freiwillige Feuerwehr zählt zu den ältesten in Deutschland. Zwangsläufig ergibt sich die Frage, welche Feuerwehr denn die erste war und an welcher Stelle Höchst steht. Das ist nicht leicht zu beantworten. Gesichert ist, dass die ersten Freiwilligen Feuerwehren in Meißen, Durlach, Leipzig, Heidelberg, München, Augsburg, Nürnberg, Heilbronn, Ulm, Baden-Baden und Mannheim entstanden sind. Das deutsche Feuerwehrbuch berichtet, dass an der Deutschen Feuerwehrversammlung 1853 in Plochingen 10 Freiwillige Feuerwehren teilnahmen. Es wird aber auch berichtet, dass in 1851 bereits 29 Freiwillige Feuerwehren bestanden haben. Wir in Höchst wollen uns von der Einwohnerzahl her nicht mit den großen Städten Leipzig, Augsburg, Nürnberg, Mannheim oder München messen. Lassen wir ihnen deshalb die "Ehre", älter als Höchst zu sein. Zu bemerken ist, dass es in Deutschland kein "Kontrollorgan" gibt, das die Entstehungsdaten prüft. Jede Feuerwehr, ob Freiwillige, Werk- oder Berufsfeuerwehr, kann diese Frage nach eigenem Gutdünken beantworten. Eine Auswertung in der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main ergab sieben Städte und Gemeinden, die über das 150jährige Bestehen ihrer Feuerwehr berichtet haben. Sicherlich in einigen Fällen zu Recht. Manche Angaben werden aber angezweifelt: Fünf der "150-Jahr-Chroniken" geben als Gründungsjahr für ihre Feuerwehr 1828, 1829, 1830, 1831 bzw. 1832 an. Vor 1847 ist aber keine Freiwillige Feuerwehr im Wortsinn entstanden. Die Gründe dafür wurden bereits erläutert.

Möchten Sie ein wenig frankforderisch lesen? Der in Frankfurt noch heute sehr bekannte Mundartdichter Friedrich Stoltze (1816 - 1891) schrieb:

"So e Brand war e Borjerfraad, un je diefer in der Nacht, desto höcher hat se in Aaseh gestande. Wie anno achtundzwanzig die neu Wasserleitung draus vor der Fridberjer Wart her in die Stadt is gefihrt worn, hat deß die ganz Borjerschaft als es Art Mißtraue in die Leistungsfägigkeit von ihre Lunge agesehn. Dann von Wasser allaa is seit Menschengedenke in Frankfurt kaa Brand gelöscht worn. Ausgekrische hawe mern! Gegen en richdige Frankfurter Feuerlärm konnt kaa noch so groß Feuer uffkomme. Wann in der Nacht so e Feuer ausgebroche is, und der Patherner un der Kathrinetherner hawe gestermt, da sind schon gleich beim erste Schlag von der Stormglock verrzigdausend Mensche zu gleicher Zeit un mit gleich Fieß aus de Better erausgesprunge, hawe im diefste Negleschee die Fenster uffgerisse un in alle Tonarte enaus in die Nacht gekrische: Feuäär! Feuäär! Feuäär! Un alles hat gekrische: Wo is ees? Wo is ees? Un bäng! bäng! bäng! hats widder vom Pathorn erunner gestermt, und der Patherner hat dorchs Sprachrohr erunnergerufe: Feuäär! Feuäär! uff der Bockemergass! Un drunne auf der Gass hat dann jeder sich ehrscht hihgestellt un aus Leiweskräfte dorch di zwaa hohle Händ: Feuäär! gerufe. No, der Lärm in der Stadt! So e Dambor bei der Stadtwehr, der wollt zeige, was er leiste konnt un hat des Trommelfell gefummelt, daß es e Art hatt. So fuffzig Dambor hawwe was ferdig gebracht. Un erscht die freiwillige Jäger mit ihre Hörner. Da hamer Töne gehört, die sin am dorch Mark und Baa gange. Daß bei so em Gekrisch un Gedrommel un Geblas un Gesterm e Feuer hat ruhig weiterbringe könne, war get net möglich. Es hat zu de größte Seltenheit gehört, dass e ganz Haus abgebrennt is."


"Mer gründe e Feuerwehr"

sagte Carl Zeyher, der erste Kommandant der Höchster Feuerwehr, und schlug mit der Faust auf den Tisch.


An einem trüben Novemberabend des Jahres 1852 saßen im Gasthaus Zum Bären am Schlossplatz einige Fischer, Schiffsleute und Handwerksmeister zusammen: "Das Ding hat mir imponiert", meinte der alte Zuckschwerdt zum Meister Mathias Biringer gewandt. "Damit kann mer schon was aafange. "Ja, und soviel Müh kost's garnit, wie es aussieht", meinte der junge Schlossermeister Heinrich Planz. Er und der Fritz Stein und der Peter Jackel hatten nämlich an der Pumpe gestanden, als am Nachmittag der Heidelberger Spritzenfabrikant Carl Metz seine Saugspritze der staunenden Einwohnerschaft vorgeführt hatte. Und dann gab jeder seinen Senf dazu. Der Fischermeister Weinreiter, Bäckermeister Franz Meder, der Buchbinder J. Stezenbach, Holzhändler Balthasar Schweitzer und noch andere. Der Porzellanmaler schlug plötzlich mit der Faust auf den Tisch, dass die Äppelwoigläser hüpften und er rief: "Wir müssen auch eine Feuerwehr haben. Wenn unser Höchst auch nicht so groß ist, aber", und jetzt redete er im Höchster Dialekt weiter "mir hawwe alte Häuser, Baudenkmäler, schmale Gasse mit viel Gelersch, un e wertvoll Kersch. Wenns hier emol richtig brennt, dann gibt's viel arme Leut un Elend un Not. Mer gründe e Feuerwehr und zwar so bald als möglich". Alle horchten auf, Zeyhercarl hatte recht, aber es war schwer, denn es war doch nichts da und ob die paar reichen Leute, die in fester gebauten Häusern wohnten, dafür etwas hergeben würden? "Der gute Wille ist die Hauptsache", ließ sich der Metzgermeister Heinrich Kramer vernehmen, so wie seither geht es nicht mehr, der Zeyher hat recht, ´s werd e Feuerwehr gegrind!
Das war der feste Beschluss dieses denkwürdigen Abends.


Der Gedanke marschiert
Gewiss, in dem tausendjährigen Städtchen hatte es schon öfter gebrannt. An der Wed, beim Greiffenklauer Hof, befand sich ein Brandweiher. Mit Fasswagen musste das Wasser von hier zum Brandort geschafft werden und dann wurde es "durch der Eimer lange Kette" in die vernichtende Glut geschleudert. Wie viel Volksgut ging verloren, bis unter diesen schwierigen Verhältnissen das wütende Element niedergekämpft war. Das Städtchen besaß wohl seine Bürgerwehr, und die Turner der 1847 gegründeten Turngemeinde stellten sich tapfer zur Verfügung, wenn die Feuerglocke läutete oder das Hochwasser des Mains in Straßen und Häuser drang. Der Abend im Bären war bald das Stadtgespräch geworden und wenige Tage später trafen sich der Zeyhercarl und einige Zunft- und Handwerksmeister zur Besprechung im "Schwan" und kamen überein, dass man einflussreiche Leute (Geldmänner) für die gute Sache gewinnen müsse. Und so geschah es auch. Schließlich sah jeder ein, dass dieser Stadt eine eigene Feuerwehr gehöre und dass man eigentlich daran schon viel früher hätte denken können. Noch im November des denkwürdigen Jahres wurde (die) endgültige Bildung eines Feuerwehrkorps vollzogen, wenn es auch noch längere Zeit dauerte, bis man von einer "ausgerüsteten Wehr" sprechen konnte. Karl Zeyher, der rührige Verfechter seiner Anregung war der erste Kommandant.


Heitere Episoden aus vergangenen Tagen

Diese Geschichten, die so humorvoll die Schwierigkeiten der Brandbekämpfung und Übungen in den 80er Jahren des 19 Jahrhunderts schildern, stammen aus der Feder des 1950 verstorbenen Herausgebers des Höchster Kreisblattes, Josef Wagner, der sich als guter Kenner der Höchster Lokalgeschichte mit seinen humorigen Veröffentlichungen einen Namen machte.


Brand der Bettfeddernfawerik


Schauerlich klang es durch die dunkle Herbstnacht und ließ die müden Schläfer jäh auffahren: Fei-e-e-r, Feirio-o-o-o, 's brennt! Die Fenster flogen auf, Köpfe mit und ohne Zipfelmütze erschienen und aufgeregt schwirrten die Fragen: ,,Ei wo dann? Wo brennts dann?" "Dem Sprengel sei Bettfeddernfawerik brennt lichterloh!"

Ein zunehmender blutroter Schein im Osten der Stadt bestätigte die schlimme Kunde. Im damaligen Höchst der 80er Jahre war das für die Mehrzahl der Männer der Alarm-Befehl und da rannten sie auch schon hin, zum Rathaus, wo sie im Scheine der trüben Funzeln die Löschgeräte herauszogen. Pferde stampften und wieherten, Glocken gellten und rasselnd fuhren die Spritzen und Geräte zum Brandplatz. Im Ostflügel des Bolongaropalastes befand sich die ,,Bettfeddernfawerik" und den Löschmannschaften sowie den zahlreichen Zuschauern bot sich ein schrecklich-schönes Bild; die gesamte Fabrik stand im Flammen, jetzt stürzte bereits mit Krachen der Dachstuhl ein und nun flogen die Ballen mit Bettfedern im Feuersturm wie Geschosse hoch in die Luft, wo sie sich auflösten und als zahllose kleine Flämmchen vom lebhaften Wind über die Stadt trieben. Nur dem Umstand, dass die Gefahr erkannt und alle Dächer von den Hausbewohnern sofort besetzt und nass gehalten wurden, ist es zu danken, dass nicht mehr Brände ausbrachen. Auch so hatten die Wehren , es sollen 30 gewesen sein, ihre Last. Mit den damaligen Handspritzen konnte man das Wasser nicht vom Main in die erforderliche Höhe drücken und so musste mit Wasserwagen vom Fluss und von den Pumpen das kostbare Nass angefahren werden. Am damaligen Marktplatz nahe der Apotheke war so eine Pumpe. Pausenlos ratterte der Wasserwagen hin und her und alle Hände halfen ihn schnell füllen. Der alte Michel Bayer der Kohlenhändler, stand dabei und sparte nicht mit Zurufen und Bemerkungen: "Is des aach en Zustand - do leeft doch weiß Gott in aamfort Wasser newe dem Krahne eraus, so ebbes derft doch nit vorkomme bei ere orndlich Feierwehr!".


Tatsächlich, der Holzhahn tropfte stark. Da war aber auch schon der Meister Entemann zur Stelle: "Wart emol, ich hol schnell en Eisekrahne, der hält dicht." Mit drei Schlägen hatte er den morschen Holzkran entfernt und ehe der Bayer-Michel sich versah, hatte Entemann Bayers Hand auf das Spundloch gedrückt: ,,Halt emol en Aacheblick zu, ich bin gleich widder do!", rief er und verschwand. Schnell war das Fass gefüllt, ohne Aufenthalt zog der Gaul an und der Bayer-Michel (was wollte er machen, wo doch das Wasser so nötig gebraucht wurde) lief schreiend und schimpfend zur Freude der Zuschauer hinter dem wildschwankenden Fass her. Auf und ab rutschte die Hand und jedes Mal bekam er einen reichlichen Guss übers Gesicht und die Kleidung. ,,Entemann, Entemann" rief er ganz verzweifelt und alles rief lachend mit.

Der aber zeigte sich erst am Brandplatz, wo er sachgemäß den neuen Hahn einsetzte. ,,Gelle, Sie sin e bissi nass gewor'n? Des war schee von Ihne, dass Se des Spundloch trotzdem zugehalte hawe. Wann's awer widder is, gelle, do halte Se liewer Ihr bees Maul zu - do wern Se aach nit so nass, als wie bei dem schwernotse Spundloch!" Schnell verschwand der Bayer-Michel, zog sich um und war schnell wieder an der Brandstelle, wenn auch weitab vom Wasserwagen!


Meine Herren, "die Dampspritz"

In den 90er Jahren hatte das große, aufstrebende Werk eine Dampfspritze erworben und damit die Bereitschaft seiner eigenen Feuerwehr und darüber hinaus die Brandbekämpfung im weiten Umkreis wesentlich verbessert. Ein unvergessliches Bild, wenn die messingglänzende Maschine, gezogen von zwei strammen Gäulen, rauchend durch Höchst schaukelte, abends eindrucksvoll beleuchtet von Fackeln, die die Besatzung mit hochgereckten Armen hielten. Leitender Ingenieur der "Dampspritz" war der Valentin, eine stadtbekannte Persönlichkeit, der in seinem Radmantel bei seinen Mannen auf der Spritze stand und seinen mächtigen Vollbart im Winde wehen ließ. Jederzeit dabei, wenn es einen Männertrunk zu tun galt, schwelgend in seinen Marineerinnerungen, war er allzeit stürmisch begrüßter Gast an allen Stammtischen, und wenn er das Wort ergriff - über was er auch sprach, bald landete er bei seiner "Dampspritz" und sang deren Lob in allen Tonarten. Bei einer Geburtstagsfeier sollte er einmal die Rede auf das Geburtstagskind halten. Schwerfällig erhob er sich (gar zu oft hatte er schon geprostet) und nach einigem Sinnieren sagte er in die erwartungsvolle Stille: "Meine Herren! - Die Dampspritz". Als ihm nichts weiteres einfiel, ließen sie ihn hochleben und versicherten, das sei die beste Rede, die er je gehalten hatte!

An einem nebligen Herbstabend war es, da begannen die damaligen Feuermelder ihr aufregendes Läuten, es fand aber nur eine Übung statt. Der Dachstuhl des Bolongaroschen Fabrikgebäudes stand angeblich in Flammen, und dem Valentin nebst seiner ,,Dampspritz" war die wichtige Aufgabe geworden, das Wasser der Nidda bis in diese Höhe zu drücken. Sehr bald nach dem Alarm stand die ,,Dampspritz" neben dem alten Kranen. Valentin aber krakeelte mit seinem Heizer herum, das Manometer zeigte keine zwei Atü, und damit konnte die Maschine nicht arbeiten. Schließlich riss er dem verzweifelten Manne den großen Stocher aus den Händen und stieß selber wild in dem dunkelrot glusenden Feuer herum. Es half nichts, die Glut kam und kam nicht in Gang. "Valtin, du host jo mehr Damp wie dei Spritz!" riefen die Freunde.Trotz aller Mühen musste die "Dampspritz" aber schließlich abrücken, ohne auch nur einen Liter Wasser gespendet zu haben! Mit Abstand folgte ihr, den Schlapphut tief im Gesicht, Valentin.

Anderntags klärte sich die Sache: Ein paar besonders übermutige Kneipkumpane hatten in das Rauchrohr des Kessels einen nassen Lumpen stecken lassen, so dass der nötige Zug und damit der Dampfdruck fehlte! Valentin aber schwur bei allen Göttern blutige Rache. Alles Suchen nach den Tätern war erfolglos. Da gab der Valentin eine entsprechende Anzeige auf, und so war im Höchster Kreisblatt zu lesen:
Achtung! Achtung!
Hohe Belohnung!
Ich suche immer noch den Lumpen, der mir den Lumpen in den Schornstein meiner Spritze steckte, so dass ich nicht konnte wie ich wollte!!
Valentin . . . Mancher Schoppen fiel um, bis der Valentin wieder beruhigt war! Die Höchster aber hatten wieder mal viel zu lachen.